Teilchenbeschleuniger am CERN: das größte Forschungslabor weltweit (Bild: CERN)
Doppelte Energie, knisternde Spannung
Vor dem zweiten Lauf des LHC
In Genf wächst die Nervosität unter den Elementarteilchenphysikern. Am Large Hadron Collider (LHC)läuft der Countdown für den zweiten Akt eines atemberaubenden Wissenschaftsabenteuers. Nachdem im vergangenen Sommer die letzten Arbeiten zu Ende gingen, wurde der Elementarteilchenbeschleuniger mit flüssigem Helium auf die Betriebstemperatur der Magneten von −271.25 Grad Celsius gekühlt. Den Zugang zum 27 km langen Tunnel versiegeln inzwischen Betonplatten. Ende März beginnt die neue Forschungskampagne. Nach der Aufrüstung auf 13 TeV werden dann im Genfer Untergrund Protonen mit dem Doppelten der bisher möglichen Energie aufeinanderprallen. Erfüllen sich die Erwartungen der internationalen Community der Elementarteilchenphysik, könnte den Wissenschaftlern ein noch geheimnisvolleres Teilchen ins Netz gehen als das Higgs-Boson im Juni 2012. Die Existenz sogenannter supersymmetrischer Teilchen wie das Gluino wird durch die SUSY-Theorie zwar vorhergesagt, bisher aber gibt es keine experimentellen Nachweise. Die neuen Experimente am LHC entscheiden jetzt über das Schicksal von SUSY. Tauchen die geheimnisvollen Teilchen nicht auf, ist die Theorie so gut wie tot. Dann beginnt wahrscheinlich eine fieberhafte Suche nach alternativen Modellen. Sollten die supersymmetrischen Teilchen von den Genfer Detektoren aber entdeckt werden, wäre dies der Schlüssel für eines der größten Geheimnisse des Universums: die Natur der „dunklen Materie“, die etwa 95% aller Materie überhaupt ausmacht. Auch die Erklärung des Entstehens der Schwerkraft durch die Higgs-Teilchen könnte dann eine neue Richtung nehmen. Es steht also viel auf dem Spiel beim zweiten Lauf des LHC. Nicht nur wissenschaftliche Theorien und Karrieren könnten im Aufprall der schweren Teilchen zerbröseln, möglichweise sogar ein ganzes wissenschaftliches Weltbild. Vielleicht beeinflusst die menschliche Beobachtung ja auf eine bisher unerwartete Weise die Experimente im Bereich der elementaren Teilchen. Redakteur Joshua Bayless hat sich die komplexen Zusammenhänge von der KIT-Professorin für theoretische Physik Margarete Mühlleitner erklären lassen.
Beitrag von Joshua Bayless
Download | Abspielen
Wo bin ich? Was werde ich?
Wie Zellen miteinander sprechen - neue Erkenntnisse am Europäischen Zebrafisch-Ressourcenzentrum
Woher weiß eine Zelle bei der Embryonalentwicklung, was einmal aus ihr werden soll? Ob sie sich zum Beispiel Teil einer Niere, eines Knochens oder des Gehirns entwickeln muss? Bei der Suche nach der Antwort auf diese Fragen lohnt sich der Blick ins Innere von Zebrafischen, einem auch als Zebrabärbling bekannten Süßwasserfisch aus Bangladesch und Pakistan. Besonders leicht fällt das bei den Embryonen der Fische, denn die sind lange Zeit durchsichtig und damit problemlos bis in die kleinsten Winkel mikroskopierbar. Ein weiterer Vorteil von Zebrafischen: sie haben die meisten Organe mit Menschen gemeinsam und vermehren sich rasend schnell. Dadurch sind sie zu einem der beliebtesten Modellorganismen in der biologischen Forschung geworden. Am KIT wurde deshalb auch das europaweit erste Zebrafisch-Ressourcenzentrum eingerichtet. Hier ist man nun dem Geheimnis der Zellkommunikation auf die Spur gekommen: damit eine Zelle sich zu einem bestimmten Zelltyp ausbilden kann, benötigt sie Informationen über die Position im Gewebe, an der sie sich befindet. Das signalisieren ihr Botenstoffe wie zum Beispiel die Wnt-Proteine. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat die Studentin Eliana Stanganello zusammen mit einer Arbeitsgruppe um Dr. Steffen Scholpp vom Institut für Toxikologie und Genetik herausgefunden, wie genau die Wnt-Signale weitergegeben werden. Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Therapien gegen Krebs, Alzheimer oder Parkinson spielen.
Beitrag von Kathrin Kreusel
Download | Abspielen
Sozialwissenschaft wider Willen
Wie hat sich die Volkswirtschaftslehre durch die Krise von 2008 verändert?
Die Finanzkrise von 2008 und die daraus entstandene Eurokrise haben die Wirtschaftswissenschaften ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gebracht wie nie zuvor. Vor allem die Unfähigkeit der neoklassischen volkswirtschaftlichen Modelle die Subprime-Krise vorherzusehen, haben kritische Stimmen laut werden lassen, die eine völlige Neubegründung der Wirtschaftswissenschaften als Gesellschaftswissenschaft fordern. Insbesondere die wirklichkeitsfremde Mathematisierung der Disziplin wird kritisiert und ihre gefährliche Nähe zur Politikberatung, in der theoretische Ansätze unhinterfragt zur Durchsetzung einer bestimmten Wirtschaftspolitik missbraucht werden. VWL-Student Joachim Schönmehl im Gespräch mit der Professorin Ingrid Ott, Inhaberin des KIT-Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik.
Beitrag von Joachim Schönmehl
Download | Abspielen